Es gibt Menschen, die ganz viel Energie und Zeit aufwenden um einen Gemeinschaftsgarten zu initiieren. Und dann gibt es auch noch Menschen, die sich Zeit nehmen, ihre Erfahrungen nieder zu schreiben um sie weitergeben zu können. Welch ein Glück! Denn von solchen Geschichten des Gelingens können wir alle lernen!

Romana Mayr / Mitgründerin des InnsGartl (2015)

Seit wann besteht euer Garten?
Das erste Gartenjahr war 2014. Der Verein "freipflanzen" hatte sich 2013 im Sommer gegründet, und im Herbst unterschrieben wir den Pachtvertrag mit der Stadt.

Wer hat euren Garten gegründet?
Habt ihr einen Verein oder eine andere Organisationsform?
Der Garten innsGARTL wurde vom Verein freipflanzen gegründet. Damals bestand der Verein aus den drei Gründer, Melanie Zipin, Nikita Barbachov und mir.

Wenn ihr einen Verein oder eine andere Organisationsform habt, warum habt ihr gerade diese gewählt?
Wir waren zuerst nur drei junge Menschen, die mit einem Konzept zur Stadt gingen. Die Stadt stellte die Forderung, dass wir einen Verein gründen müssen, damit sie einen Vertrag mit diesem abschließen kann. Deshalb haben wir den Verein freipflanzen gegründet.

Ist der Grund, auf dem ihr gärtnert, öffentlich oder privat?
Der Grund gehört der Stadt Innsbruck.

Foto: Freipflanzen

Welche Form des Vertrages habt ihr? Warum?
Wir haben ein Prekariat, das drei Jahre läuft, aber theoretisch jederzeit kündbar ist. Das war eine Voraussetzung der Stadt, da wir nur eine Zischennutzung sind, bis der Grund verbaut wird.

Hatten ihr/eure Gründer schon Erfahrung mit Gemeinschaftsgärten, mit Gärtnern an sich oder mit der Organisation einer Gruppe von Menschen?
Nein, wir hatten keine Ahnung von irgendwas :D Wir wollten einfach in einem Gemeinschaftsgarten mitmachen, und da es keinen gab, gründeten wir einen. Wir hatten auch keine Ahnung, welche Arbeit auf uns zukommen würde.

Hattet ihr bei der Gründung Hilfe von anderen Gemeinschaftsgärten/Personen/Organisationen?
Wir hatten das Glück, dass wir bei einem Netzwerktreffen der Tiroler Gemeinschaftsgärten Christoph Klocker trafen, der schon in ein paar anderen Gemeinschaftsgärten tätig war, und der uns bei der Planung und auch dem Aufbau des Gartens eine große Hilfe war. Wir trafen uns auch noch mit den Verantwortlichen anderer Gärten in Innsbruck, von denen wir auch viele gute Anregungen und Tipps erhielten. Im Endeffekt aber hatten wir auch das große Glück, dass wir unter den Gärtnern viele kompetente und motivierte Personen haben, die von Anfang an die unterschiedlichsten Aufgaben übernehmen konnten. Wir hatten jemanden, die gut mit Personen und Firmen reden konnte, und Spenden auftrieb, jemanden, der handwerklich sehr gut war, und den Aufbau des Zaunes überwachen konnte und unsere Gartentore baute. Dann hatten wir das Glück jemanden dabei zu haben, der schon sehr viel Erfahrung mit Gemüseanbau in landwirtschaftlichen Maßstäben hatte und uns bei der Bestellung der Jungpflanzen und Samen half, sowie einen Bauern organisieren konnte, der unsere Anbaufläche pflügte und eggte. Dies sind nur ein Paar Beispiele, aber ohne das gute Zusammenspiel all dieser Personen hätten wir unseren Garten nicht so aufbauen können, wie wir es getan haben.

Wie habt ihr den Aufbau des Gartens finanziert? Wie finanziert ihr euch jetzt?
Der große Teil unserer Einnahmen für die Gründung kam aus unseren Mitgliedsbeiträgen. Wir haben sie um einiges höher angesetzt, als andere Gärten im Umkreis. Allerdings war uns bewusst, dass wir erst eine Infrastruktur für den ganzen Garten schaffen mussten, und dass dies nicht billig sein würde. Wir starteten eine Plakatserie, die wir gänzlich durch Sponsoren organisieren konnten. Zudem konnten wir ein Sponsoring mit der Raiffeisen Landesbank organisieren. Weiters bekamen wir für die Errichtung des Zauns einen Zuschuss vom Land.  Für das Grundstück der Stadt Innsbruck müssen wir kaum etwas zahlen. Die Errichtung des Wasseranschlusses wurde von ihnen übernommen. Das Gartenbauamt Innsbruck unterstützte uns mit Leih-Werkzeug, Ästen, Laub und Erde, sowie Hackschnitzel für den Garten. Hier haben wir großes Glück, denn an diese Materialien wären wir sonst nur schwer mit einigem finanziellen Aufwand gekommen. Unser Werkzeug-Container, die Gartenmöbel und sogar seit neuestem Solarzellen auf unserem Dach, mit dem wir abends den Bauwagen (der ein Aufenthaltsraum ist) beleuchten können, wurden gesponsort. Wir hatten also große Hilfe. Nach den massiven Ausgaben für die Ausstattung im ersten Jahr haben wir nun weniger Ausgaben. Auf Vorschlag der Gründer/des Vorstandes wurde für die Koordination des Gartens mit den Überschüssen aus den Mitgliedsbeiträgen nun in dem zweiten Jahr eine geringfügige Stelle geschaffen. Es geht sich gerade so aus, aber wir sind alle sehr froh, denn durch diese Stelle läuft der Informationsfluss und das Miteinander im Garten um einiges besser und der Vorstand ist massiv entlastet. Wir wären sonst wohl aus Überarbeitung zurück getreten.

Hattet ihr Probleme mit Anwohnern oder anderen Personengruppen?  Zum Glück nicht. Wir wurden aber sicher zu Beginn sehr genau beobachtet. Einige Personen erklärten uns später, dass sie Sorge hatten, was da wohl für komische Leute kommen würden, und dass es sicher mehr Lärm und Belästigung geben würde. Aber zum Glück sind wir doch sehr friedlich und der Garten sei eine Augenweide. Es sei sehr schön zu beobachten, wie alles wächst und gedeiht.

Habt ihr besondere Veranstaltungen/Infotermine für AnwohnerInnen abgehalten?
Es war zu Beginn geplant, aber wir waren so überfordert sonst alles zu managen, dass die Termine nicht zustande kamen. Das einzige, was wir taten, war, einen Aushang zu verfassen, in dem stand wer wir waren und was wir vorhatten. Mit unserem Kontakt versehen verteilten wir diesen Aushang in den umliegenden Wohnblöcke und hängten ihn an unseren Gartenzaun.

Was denkt ihr, waren die besonderen Herausforderungen für euch und euren Garten?
Wir starteten von Anfang an sehr groß. Unser Garten hat knapp 5000m², wobei ca. 2000m² davon beackert werden. Unser Verein hatte gleich von Anfang an ca. 120 Mitglieder, wobei wir noch mehr Interessenten gehabt haben, die auch ein Beet haben wollten. Die wussten nicht, wie wir alle unter einen Hut bringen konnten. Die Ambitionen waren sehr unterschiedlich, die einen wollten nur einfach ein Beet zum Gärtnern, andere wollten sich mit verschiedenen Personen austauschen, wieder andere hatten sicher eine sozialkritische oder politische Motivation, sich uns anzuschließen. Schwierig war es auch für uns selbst zu definieren, wer wir waren und wo es hingehen sollte. Wir hatten keine Ahnung von irgendwas, und so war es zu Beginn sicher oft sehr chaotisch. Wir hatten hohe Ziele und wollten am liebsten alles auf einmal Umsetzen. Dies ging natürlich dann nicht auf, und so verschwendeten wir sicher viel Zeit und Energie an den "faschen" Ecken und Enden.

Foto: Freipflanzen

Welche Ziele, die ihr für den Garten hattet, habt ihr noch nicht umsetzen können?
Wir wollten sehr viele Workshops abhalten, sowie mehr gemeinsame Feste veranstalten. Auch politisch wollten wir uns mehr engagieren, und Bewusstseinsbildung betreiben, indem wir entsprechende Veranstaltungen organisieren. Auch wollten wir uns viel mehr mit den anderen Gären vernetzen und Erfahrungen und Wissen austauschen. Leider nahm und nimmt der Aufbau und die Betreuung eines Gartens sehr viel Zeit ein, und es bleibt kaum Energie übrig, um auch alles andere zu organisieren. Vielleicht ändert sich dies noch, im Moment liegt es auf Eis.

Auf welche Erfolge in eurem Garten seid ihr besonders stolz?
Wir haben unseren Garten in Rekordzeit aufgestellt. Bereits im ersten Jahr sprießte und blühte es an allen Ecken und Enden, obwohl wir alle am Anfang noch nicht so recht wussten, wie wir alles aufbauen sollten und wohin die Reise ging. Nach dem ersten Jahr haben wir nun einen wunderschönen Garten, es haben sich einige Teams eingespielt und Kompetenzen heraus-kristallisiert. Im zweiten Vereinsjahr konnten wir von den Mitgliedsbeiträgen eine geringfügige Stelle schaffen, die die Koordination und den Informationsfluss unter den GärtnerInnen übernimmt. Das ist eine große Errungenschaft und Erleichterung für alle.

Was würdet ihr einem neuen Garten/seinen Gründern gerne mitgeben/empfehlen?
Ich spreche hier als Gründerin mehr für mich. Wir Gründer hatten im ersten Jahr, besonders schon vor der Gründung des Gartens selbst Unmengen an Zeit und Energie in den Garten gesteckt. Wir trafen uns im Winter vor dem Start beinahe wöchentlich, diskutierten, planten und arbeiteten stundenlang. Wir suchten Sponsoren, bauten eine Homepage, Plakate, Infomaterial, Präsentationen, versuchten uns über Anbau, andere Gärten, Vereinsrecht usw. schlau zu machen.  Das alles machten wir neben unserem Broterwerb. Als das erste Gartenjahr mit finanziellem Abschluss auch endlich im Frühjahr 2015 zu Ende war, hatten wir fast zwei Jahre Arbeit in den Verein und Garten gesteckt. Eine aus unserem Gründungsteam war schon nach den ersten Monaten ausgestiegen, mein Partner und ich hielten noch alles zusammen und brachten es so gut wir konnten zu Ende. Zur Mitte des Gartenjahres war ich komplett ausgebrannt und zog mich zurück. In dieser Zeit, so murrten unsere Mitgärtner, fehlte die Führung im Verein, sowie Informationen insgesamt.  Aus diesem Grund schlugen wir nach Ende des ersten Jahres eine Koordinationsstelle für den Garten vor. Eine geringfügige Stelle, wie sie auch schon der Interkulturelle Garten Wilten hatte, fanden wir sinnvoll. Der Vorschlag wurde von den Mitgliedern im Verein zum Glück angenommen, und so haben wir das Glück in diesem Jahr eine fixe, bezahlte Unterstützung zu haben. Das nimmt uns einen großen Teil der Arbeit ab. Ich würde daher jedem, der einen Garten gründet, der größer mehr Mitglieder hat, empfehlen, eine solche Stelle mit ein zu berechnen und zwar schon von Beginn an, wenn es sich irgendwie ermöglichen lässt. Wenn möglich sollte diese Stelle auch schon von den Mitgliedsbeiträgen gedeckt sein,um sich selbst unabhängig zu halten.  Viele wollen das sicher nicht hören, weil sie meinen ein Garten sollte eine freiwillige Sache sein, und außerdem sollte man auch so wenig wie möglich dafür bezahlen. Das sehe ich nicht so. So einen Garten zu managen ist zeitaufwändig und manchmal nervaufreibend. Es sollte auch dementsprechend entlohnt werden.

Kennt ihr irgendwelche Seiten im Internet oder Bücher, die ihr empfehlen könnt?
Linksammlung -> siehe alle Links unter "Gründen" Bücher kann ich eigentlich alle von Arche Noah empfehlen. Mein Liebslingsbuch dort bleibt das Handbuch-Balkongarten ;)

Und zum guten Schluss: Warum sollte man selbst einen Gemeinschaftsgarten gründen?
So ein Garten ist ein wunderbarer Treffpunkt, eine Oase, ein Ort der Vielfalt. Es kann gar nicht genug davon geben. Wenn wir warten, bis sie uns in den Schoß fallen, oder andere sie für uns schaffen, können wir lange warten. Deswegen sollte man die Dinge selbst in die Hand nehmen!

Foto: Freipflanzen